Science Fiction wird zu Realität: Mission „MEV“ zur Verlängerung der Lebensdauer von Satelliten gestartet

Das „Mission-Extension Vehicle“ (kurz: MEV) des amerikanischen Technologiekonzerns Northrop Grumman ist mit neuester Sensortechnologie aus Jena auf dem Weg ins All. Ein neues Kamerasystem und ein neuer Sensor der Jena-Optronik GmbH sind im Rahmen dieser weltweit ersten kommerziellen In-Orbit Servicemission im geostationären Orbit auf ihrem Jungfernflug.

 

Die Mission zur Verlängerung der Lebensdauer geostationärer Satelliten stellt einen Meilenstein der Raumfahrt darf, denn ein solches Manöver ist bisher noch nie erfolgt. MEV wird an den jeweiligen Satelliten andocken und dessen Steuerung übernehmen. Der hohe technische Anspruch entsteht dabei aus der Notwendigkeit einer kontrollierten Annäherung aus 40.000 Metern und dem anschließenden vollautomatischem Docking im Zentimeterbereich. Nach Erreichen der endgültigen Lebenszeit des Satelliten soll MEV abdocken und das Andockmanöver wiederholen können. Die Fähigkeit des An- und Abdockens an ausgediente Satelliten wird zukünftig neue Missionen - wie etwa Wartung und Zusammenbau im All - ermöglichen.

 


Der Rendezvous- und Docking Sensor RVS 3000-3D des Thüringer Raumfahrtunternehmens Jena-Optronik GmbH unterstützt die Mission. Dieses Lidar-basierte System (Lidar: englische Abkürzung für light detection and ranging) beinhaltet leistungsstarke Algorithmen zur 3D-Bildverarbeitung im Fern- sowie Nahbereich und ist eine Weiterentwicklung des flugerprobten RVS 3000. Der neue Sensor kann auch sogenannte unvorbereitete Weltraumobjekte ansteuern, d.h. Satelliten die bisher nicht für das Andocken vorgesehen waren. Für den Sensor besteht die Herausforderung darin, hochgenaue Messungen gegen diffuse Flächen  und somit jedes Material auf dem Satelliten durchzuführen. Der RVS 3000-3D wird der erste Lidar sein, welcher 3D Scans von einem Satelliten im geostationären Orbit - also in ca. 36.000 km Höhe über der Erde - liefert.

 

„Missionen, welche bis vor wenigen Jahren nicht vorstellbar und Science-Fiction waren, rücken in greifbare Nähe. Wir sind stolz auf unseren RVS3000-3D und die Beteiligung an MEV. Das Projekt markiert den Beginn einer neuen Ära der Raumfahrt hin zu autonom arbeitenden Vehikeln welche Satelliten im Orbit reparieren oder ganze Raumschiffe im Orbit zusammenbauen“, erläutert Dr. Sebastian Dochow, Abteilungsleiter Lidare bei Jena-Optronik GmbH. „Das gesamte Lidar-Team bedankt sich bei Northrop Grumman für das entgegengebrachte Vertrauen und die Zusammenarbeit in den letzten Jahren! Wir wissen, dass der Weg nicht immer einfach war, und wir sind stolz darauf ein neues Zeitalter der Raumfahrtgeschichte begleiten zu dürfen. Wir wünschen viel Erfolg bei der Demonstration dieser Technologie!“

 
Neben dem LIDAR stellt Jena-Optronik zwei Sternsensoren vom Typ ASTRO APS und die Neuentwicklung Visible Sensor Suite (kurz: VSS) bei, welche auf MEV seine Premiere im All hat.

 
Bei der VSS handelt es sich um ein sog. Navigationskamerasystem, welches aus drei Kamerapaaren besteht. Diese werden durch eine Elektronikbox ergänzt, welche die Kameras mit Spannung versorgt, synchronisiert sowie Telekommandos und Telemetire übersetzt. Der on-board Computer des MEV verwendet die von der VSS aufgenommen Bilder während des Annäherungsvorganges zur Entfernungsmessung im Bereich von 40.000 Metern bis zu 50 Zentimetern, also bis zum Docking. Dabei decken zwei der drei Kamerapaare unterschiedliche Entfernungsbereiche ab. Das dritte Kamerapaar ist aus Redundanzgründen an Bord und bietet zudem die Möglichkeit zur visuellen Überwachung des Manövers.

 
Die VSS Kameras verwenden als erstes Jena-Optronik Produkt einen Bildsensor einer neuen Generation hoch effizienter und gleichzeitig hoch integrierter Komponenten. Damit ließ sich ein vergleichsweise kompaktes und leichtgewichtiges Design realisieren. Im Rahmen der anschließenden Qualifikation, hierbei werden die Bedingungen beim Raketenstart und im All simuliert, demonstrierte die VSS Robustheit und Stabilität. Auf MEV wird die Visible Sensor Suite nun erstmals ihre Leistungsfähigkeit im Weltraum unter Beweis stellen.

 
„In zwei Jahren Entwicklungszeit waren insgesamt 93 Kolleginnen und Kollegen von der Skizze über Design, Entwicklung, Aufbau, Test und Qualifikation an VSS beteiligt. Ohne deren großes Engagement in Verbindung mit einer außergewöhnlichen Identifikation mit dem Projekt wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Vielen Dank! Dieser gilt auch unserem Kunden für die hochproduktive Zusammenarbeit. Zu jeder Zeit standen Ansprechpartner zur Verfügung, so dass technische und organisatorische Themen stets in einer entspannten und konstruktiven Atmosphäre geklärt werden konnten“, fasst Richard Würl, VSS Projektleiter bei Jena-Optronik, die Arbeit im MEV Projekt zusammen.

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